Sonderaufgabe

Geschrieben von Mohamed Magna

Neben unserer Haupttätigkeit als Sprach-und Integrationsmittler übernehmen wir manchmal auch Sonderaufgaben wie z.B. Verfahrensbeistandschaften (Verfahrenspfleger).

Der Verfahrensbeistand hat die Aufgabe, die Interessen des Kindes in das familiengerichtliche Verfahren einzubringen. Er informiert das Kind über den Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in kindgerechter Form. Er ist zuständig für das Wohl des Kindes und vertritt anstatt seiner das Interesse des Kindes. Er kann auch Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes führen, sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitwirken.

Ich wurde vor kurzem von einer Richterin beauftragt in einem Fall mitzuwirken.

Das Mädchen war noch sehr jung, konnte kaum Deutsch und die Eltern lebten in Trennung.

Der Vater war auf unbestimmte Zeit in der Psychiatrie untergebracht und war drogenabhängig. Die Mutter war verzweifelt und strebte das alleinige Sorgerecht für ihre Tochter an. Die Großeltern wussten nicht, wie Sie mit der neuen Situation umgehen sollten. Sie waren aber hilfsbereit und haben Tochter und Enkelin vorübergehend bei sich aufgenommen. Andere Bezugspersonen waren ebenfalls ratlos.

Die Mutter machte sich große Sorgen über die Zukunft ihrer Tochter, da der Vater keine Verant-wortung für das Kind übernehmen konnte. Der Krankheitszustand des Vaters verschlechterte sich und die Situation spitzte sich zu. Der Vater wurde zwischenzeitlich aggressiv und handgreiflich.

Aus juristischer Perspektive stellt die psychische Erkrankung eines Elternteils kein Hindernis zur Ausübung des Sorgerechts dar, insbesondere dann nicht, wenn ein zweiter gesunder Elternteil die Erziehungsfunktion übernimmt.

Das Kind machte während des Gespräches einen fröhlichen und ausgeglichenen Eindruck. Es spielte ungezwungen in den Räumlichkeiten und fasste schnell Vertrauen zu mir. Auf die Frage, ob sie auch gerne mit ihrem Papa spielen möchte, sagte sie: Ja.

Dem Kind ging es gut und es schien sich bei den Großeltern mütterlicherseits sehr wohl zu fühlen. Was mir auch noch wichtig erschien, dass das Kind in einer Kita angemeldet war und diese seit kurzer Zeit besuchte – auch im Hinblick auf die Verbesserung der deutschen Sprache.

Insgesamt machte das Kind bei dem Termin einen zufriedenen Eindruck. Die Betreuung des Kindes ist gewährleistet. Die Kindesmutter wünschte eine schnelle Klärung, da sie sich durch die Situation sehr belastet fühlte und versuchte ihren Wunsch zu rechtfertigen, warum sie den Antrag für das alleinige Sorgerecht beantragt habe. Sie sagte ihr Ehemann sei sehr krank, aber würde sich nicht helfen lassen. Er sei immer nett zu seiner Tochter gewesen und liebte sie sehr, aber jetzt ist er erkrankt und nicht mehr in der Lage die Verantwortung für das Kind zu übernehmen.

Ein Besuch bei dem Vater in der Klinik ergab, dass er in eine Behandlung eingewilligt hat und auch seine Medikamente regelmäßig einnahm. Er sagte: ich glaube, ich bin diesmal auf dem richtigen Weg zur Heilung. Auf die Frage wie er seine Zukunft sieht und was für Wünsche er im Hinblick auf das Wohl seiner Tochter hätte, antwortete er: Ich bin für alles gesprächsbereit.

Meine Einschätzung war: Das Kind ist zwar bei der Mutter und den Großeltern gut aufgehoben, dennoch ist es notwendig den Kindesvater in weitere Gespräche mit einzubeziehen, natürlich nur wenn der Vater psychisch stabil ist.

Bezugnehmend auf den Beschluss vom Amtsgericht ist das Wohl des Kindes nach meinem Eindruck in keiner Weise gefährdet.

Meine Empfehlung bei der abschließenden Gerichtsverhandlung war: Das zum Wohle des Kindes auch der Vater sein Sorgerecht ausüben soll. Allerdings sollte der Vater sein Kind derzeit nur in Anwesenheit Dritter sehen dürfen.

Der gesetzliche Betreuer des Kindesvaters berichtete von der derzeitigen Situation und erklärte, dass der Kindesvater mittlerweile in der Lage sei, das Sorgerecht für seine Tochter auszuüben.

Die Kindeseltern waren sich darüber einig, dass es beim gemeinsamen Sorgerecht bleiben soll und dass Absprachen durch Vermittlung des Betreuers vom Kindesvater getroffen werden sollen.

Der gesetzliche Betreuer erklärte noch: Wir werden uns darum bemühen, dass die Medikamenteneinnahme des Kindesvaters kontrolliert wird.

An dem Prozesstag habe ich meine Aufgabe als Verfahrensbeistand wahrgenommen, aber zugleich auch als Sprach- und Integrationsmittler.

Ich hoffe, damit einen Beitrag zu mehr Gleichbehandlung in dieser Gesellschaft geleistet zu haben, vor allem für diejenigen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind und sich dadurch benachteiligt fühlen.