Fallbeispiel

Geschrieben von Midia Ahmad

Mein Notfalleinsatz und hat in einem Kinderwohnheim in Ennepetal stattgefunden. Der Auftragsgeber war das Jugendamt Schwelm.

Das Gespräch sollte mit einem unbegleiteten minderjährigen 12 – 13 Jahre alten Jungen geführt werden, der allein aus dem Irak nach Deutschland eingereist ist. Seine Eltern waren mit ihm unterwegs, konnten ihn aber nur bis in die Türkei begleiten. Der an mich gerichtete Auftrag war, dem Jugendlichen zu erklären, warum er momentan im  Heim ist und wie lange er dort eventuell bleiben wird.  Darüber hinaus sollte er auf  bestimmte Regeln aufmerksam gemacht werden.

 

Bei dem Einsatz waren der Leiter des Heims und die betreuende Sozialarbeiterin, ein Mitarbeiter vom Jugendamt und der Junge anwesend. Zu Beginn des Gesprächs habe ich mich vorgestellt und meine Aufgaben klar gemacht, die insbesondere auch Klärung kulturell bedingter Missverständnisse umfassen.  Außerdem habe ich verdeutlicht, dass ich  der Schweigepflicht unterliege.

Während des Gesprächs hat der Junge auf für ihn problematische Aspekte seiner Unterbringung in dem Wohnheim aufmerksam gemacht. Er klagte darüber, dass

–          er sich langweilt und er nicht verstehen kann warum, er nicht zu seiner Schwester darf,

–          er sich mit den Mitarbeitern im Heim nicht verständigen kann, weil er die Sprache nicht beherrscht,

–          er im Gegensatz zu den anderen Kindern kein Taschengeld bekommt,

–          er nicht zum Supermarkt einkaufen gehen darf,

–          und er das angebotene Essen nicht kennt und deshalb ihm auch nicht schmeckt.

Zur Beantwortung seiner Fragen wurde im erklärt, dass in Deutschland, wenn Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre sind und die Eltern die Sorgeberechtigung nicht ausüben können, bei Gericht vom Jugendamt ein Antrag auf Vormundschaft gestellt wird. Solange keine Antwort vom Gericht vorliegt, dürfe er bei seiner Schwester nicht übernachten, aber sie jederzeit besuchen.

Von der Heimleitung wurde entschieden, dass er ab sofort auch Taschengeld bekommt und mit den anderen Kindern zum Supermarkt gehen darf. Und er wurde gefragt, was er gerne isst, damit sie ihm das passende Essen in Zukunft anbieten können.

Er hat sich nach dem Gespräch beruhigt und war froh, dass er seine Schwester besuchen darf. Außerdem freute er sich, dass er eine Gleichbehandlung erfährt.